In den letzten Jahren reiht sich nicht nur Sommerhit an Sommerhit sondern auch Hitzesommer an Hitzesommer. Es steht die Klimakrise vor der Tür. Ein Bericht der Weltwetterorganisation zeigt: das Jahr 2021 war ein Jahr der traurigen Klimaextreme. Ozeane versauern und Meeresspiegel steigen so schnell an wie nie… und so weiter und so fort. Haben wir alle schon 1000 Mal gehört. Seit Jahrzehnten sind die Fakten bekannt, jedoch handelt die Politik nicht. Was das für drastische Folgen hat, fühlen wir überall auf der Welt.

Besonders Menschen im Globalen Süden – in Ländern wie Uganda, Peru und Indien, die von der brutalen Kolonialgeschichte betroffenen sind – leiden schon heute unter der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Die zunehmenden Naturkatastrophen sind eng mit politischen Konflikten und Aufrüstung verbunden. Menschen sind gezwungen aus ihrer Heimat zu fliehen. Besonders betroffen in diesen Krisensituationen sind arme Menschen, Frauen, queere Menschen und von Rassismus Betroffene. Sie sind beispielsweise besonders von Gewalt auf den Fluchtrouten betroffen. Sie alle werden an den europäischen Grenzen brutal abgewiesen – oft auf kostet das ihr Leben.

Diese Personengruppen haben häufig nicht das Geld, um sich vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. Denn sie werden ausgebeutet, um den Profit von globalen Konzernen zu sichern. Es sind dieselben Konzerne, aus dem Globalen Norden, welche am meisten Verantwortung für die Ausbeutung von Mensch und Natur tragen. Sie verantworten die Klimakrise.

Während der Globale Süden mit den Folgen dieser Zerstörung schon seit Jahrhunderten konfrontiert ist, konnte die Politik hierzulande das Problem lange woanders hinverlagern. Nach dem Motto: Uns betrifft das ja eh nicht. 2022 aber funktioniert das nicht mehr: Der nächste Sommer mit dutzenden Hitzetoten steht vor der Tür. Waldbrände wie letztes Jahr auf der Rax, orkanartige Stürme, Überschwemmungen wie in Deutschland folgen. Auch hier, in Österreich, in einem extrem reichen Land, fühlen wir langsam aber sicher die Konsequenzen der angerichteten Zerstörung. Auch hier sind diskriminierte Personengruppen am stärksten von den Auswirkungen betroffen.

Die Politik ist dabei nicht untätig – nein, sie tut das Falsche. Und das bewusst. Sie ist damit beschäftigt kapitalistischen Konzernen, die sich Natur und Menschen zu eigen machen, den Rücken freizuhalten. Und wofür? Für den Profit.

So auch hier in Wien. In der Donaustadt, wo die Wiener Stadtregierung, allen voran die SPÖ, eine überdimensionierte Stadtautobahn durch ein Wohnviertel bauen will. Und das trotz enormen Widerstands der Anrainer*innen und der Klimagerechtigkeitsbewegung LobauBleibt. Die Stadtautobahn und Lobauautobahn sind Teil eines riesigen Infrastrukturprojektes durch ganz Europa. Die SPÖ verschweigt der Wiener Bevölkerung, dass diese Autobahnen gebaut werden sollen, um Wien zur europäischen Logistikdrehscheibe zu machen. Die Stadtautobahn soll Fakten schaffen für die Lobauautobahn. Diese gefährdet den beliebten, aber sehr fragilen Nationalpark Donauauen im Osten von Wien. In Zukunft sollen hier schwere LKWs fahren, um Güter zu transportieren und sogar mögliche Militärrouten freimachen.

Profitieren werden vor allem die Baufirmen wie STRABAG und PORR, die Millionen mit dem Bau der Autobahnen verdienen. Sie halten ebenfalls noch unterbenutzte Logistikzentren in der Donaustadt bereit. STRABAG und PORR mussten 2021 Kartellstrafen in Millionenhöhe leisten. Das hielt die SPÖ nicht davon ab, sie mit dem Bau der Stadtautobahn zu beauftragen. STRABAG und PORR sind außerdem wieder im Geschäft die zukünftige Autobahn an unleistbare Luxuswohnungen in der Donaustadt angebunden werden soll. Profitieren werden diese Konzerne, nicht die Donaustädter*innen. Sie werden in Zukunft unter noch mehr Autoverkehr, Lärm und Abgasen leiden. Und sie werden in Zukunft mindestens genauso lang im Stau stehen wie zuvor. Denn noch nie hat eine Straße mehr zu weniger Stau geführt. Die Alternativen liegen schon lange auf dem Tisch. Sie haben nur nicht so eine starke Lobby.

Foto: Christopher Glanzl

Aber dem politischen Einfluss von Bau- und Automobillobby – stellt sich jetzt eine Bewegung von unten entgegen. Sie nutzt dabei „Zivilen Ungehorsam“ – übertritt bewusst Gesetze, um auf einen gesellschaftlichen Missstand aufmerksam zu machen. Dabei wird friedlich vorgegangen, also es wird sichergestellt, dass keine Menschen zu Schaden kommen. Diese historische Protestform kommt bei den Baustellen in Hirschstetten zum Einsatz. Aktivist*innen aller Altersgruppen haben die Baustellen der Stadtautobahn für acht Monate besetzt und wurden Anfang des Jahres von der SPÖ und der Wiener Polizei brutal geräumt. Bis heute stoppen sie die Bauarbeiten mit dem friedlichen Einsatz ihrer Körper immer wider – unter Applaus vieler Anrainer*innen. Wie auch 25. Mai mit der Wiederbesetzung der Baustelle in der Hausfeldstraße.

LobauBleibt kündigt an wieder und wieder zu kommen, um Sand im Getriebe der dreckigen antisozialen Autobahnprojekte zu sein. Das sei zu radikal, zu extrem, sagen Kritiker*innen. Aber sind es die Besetzer*innen die extrem sind? Oder ist die Zerstörung extrem, der sie sich in den Weg stellen? Ist es nicht extrem, dass Großkonzerne Millionen, sogar Milliarden, auf dem Rücken der Bevölkerung scheffeln, nur für den eigenen Profit? Ist es nicht extrem, dass diese Konzerne die Böden versiegeln, auf denen Getreide wachsen könnte? Ist es nicht extrem, dass alles zubetoniert wird für Logistikhallen und LKWs, aber keinen Millimeter Gehsteig geplant wird für den sicheren Weg in den Kindergarten? Die Politik, allen voran die SPÖ, hält den Baukonzernen und Spekulaten dabei den Rücken frei und ist auch noch so dreist das als klimagerechte Sozialpolitik zu verkaufen.

LobauBleibt hat in den letzten Monaten gezeigt, was es bedeutet widerständig gegen diese extremen Verhältnisse zu sein und eine Alternative zu prägen. Eine “radikale Mobilitätswende”. Eine Stadt nicht nach Wirtschaftsinteressen zu planen, sondern nach den Bedürfnissen und unter Mitbestimmung der Menschen.

LobauBleibt hat sich mit denjenigen in der Wiener Stadtregierung angelegt, die denken, sie können Menschen vorschreiben, ob sie eine Autobahn vor der Haustür haben wollen oder nicht. LobauBleibt ist eine andere Form der demokratischen Mitbestimmung als “Alle 5 Jahre wählen zu gehen”.

Dadurch sind die dreckigen Autobahnprojekte mächtig ins Wackeln gekommen. Das haben die heftigen internen Debatten am SPÖ-Parteitag am 28. Mai gezeigt. Trotzdem hat sich die SPÖ Wien entschieden an ihrem veralteten Betonkurs festzuhalten und kritische Stimmen in der eigenen Partei und Parteijugend zu verhöhnen. Während sich die SPÖ-Delegierten stritten, trugen tausende Menschen ihren Protest vor die abgeriegelten Toren des Parteitags, LobauBleibt riefen tausende Richtung Messehalle.

LobauBleibt ist zu einem Symbol geworden. Ein Symbol für den Kampf um eine Zukunft jenseits von Ausbeutung von Mensch und Natur. Ein Symbol für ein Umdenken in der Verkehrspolitik – und jedem Bereich des gesellschaftlichen Lebens. Ein Symbol für Demokratie und Mitbestimmung – in Wien und ganz Österreich. Die Bewegung ist größer und breiter denn je. Die zerstörerische Betonpolitik aus dem letzten Jahrtausend hat keine Zukunft; die Zukunft gehört den sozialen Bewegungen.

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