3. Piste: Verlauf und aktueller Stand

18.03.2019: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) genehmigt den Bau der dritten Piste. Die Revisionen der Bürgerinitiativen wurden als unbegründet abgewiesen. Zusätzlicher Fluglärm sei nicht zu befürchten, da die Dritte Piste nicht für Anflugrouten über das Wiener Stadtgebiet vorgesehen sei. Dabei bestätigt der VwGH zwar, dass der Klimaschutz zu den relevanten Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung zählt, jedoch seien laut dem Emmissionshandelssystem der EU die Flugzeuggesellschaften für die Emissionen durch den Luftverkehr zuständig. Mit dem Urteil ist nun der Instanzenzug in Österreich voll ausgeschöpft. Der politische Kampf um die Dritte Piste geht jedoch weiter.

1. 1. 2019: Das neue Standortentwicklungsgesetz tritt in Kraft. Anders als ursprünglich angekündigt, könnte es doch den Gerichtsprozess zur 3. Piste beschleunigen, für den Fall dass der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung für den Bau der 3. Piste aufhebt. Durch das neue Gesetz wird der Einfluss von NGOs und Zivilgesellschaft auf die Entscheidung geschmälert – inklusive Einschränkungen der Parteienrechte und Redezeit.

9. 12. 2018: Der Nachtzug Wien – Berlin wird wieder eingeführt. Noch im April 2018 hatte System Change! gegen die Abschaffung dieser Verbindung protestiert. Gemeinsam mit Back on Track begrüßte System Change! am Wiener Hauptbahnhof den ersten neuen Nachtzug. Nachtzüge sind eine wichtige Alternative zum Bau der 3. Piste. Zwei Drittel der Passagiere in Schwechat fliegen kürzer als 1.000 Kilometer.

6. 12. 2018: Während im polnischen Katowice der UN-Klimagipfel tagt, setzen in Wien 5000 Menschen auf der Donnerstagsdemo ein Zeichen gegen die desaströse Klimapolitik der schwarz-blauen Regierung und für eine nachhaltige Mobilitätswende und Klimagerechtigkeit. Der Protest richtet sich auch gegen die Unterstützung der Regierung für das Monsterprojekte 3. Piste. Organisiert wird die 10. Donnerstagsdemo von Wieder Donnerstag, gemeinsam mit System Change!

19. 11. 2018: Die Unterstützung der schwarz-blauen Regierung für den Ausbau des Flughafen-Wien Schwechat wird immer offensichtlicher: Mitte November gründen Regierungsvertreter gemeinsam mit dem Flughafen-Management eine gemeinsame Task-Force um den Flughafenausbau voranzutreiben. 

15. 10. 2018: Der Verfassungsgerichtshof leht die Behandlung der Beschwerde der Bürgerinitiativen gegen die Bewilligung des Baus der 3. Piste ab und leitet die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof weiter. Begründet wird dies u.a. damit, dass die eingeschränkte Nutzung von Freiflächen sowie notwendig werdende Schallschutzmaßnahmen an Gebäuden im „öffentlichen Interesse an der Luftfahrt“ sind.

3. 10. 2018: Intervention von System Change! beim “European Aviation Summit” als Protest gegen das Greenwashing der Luftfahrt. Aktivstinnen unterbrechen die Pressekonferenz von Verkehrsminister Norbert Hofer und der EU-Verkehrskommissarin.  Sie protestieren damit gegen den katastrophalen Umgang mit den klimaschädlichen Emissionen des Flugsektors. Die Aktion ist Teil globaler Protestwochen des Netzwerks “Stay Grounded”.

August 2018: Der Entwurf für das Standortentwicklungsgesetz muss nach harscher Kritik überarbeitet werden. Insbesondere wurde kritisiert, dass ein Großprojekt automatisch genehmigt ist, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung über ein Jahr dauert, weil zum Beispiel der Projektwerber schlechte Unterlagen vorgelegt hat.

1. 6. 2018: Im Rahmen der Climate Games blockieren Demonstrierende den Eingang zum VIP-Terminal des Flughafen Wien. In der Innenstadt veranschaulichen ca. 100 weitere Menschen bei einer Aktion die Klimaschädlichkeit der 3. Piste, sowie die lächerlichen Auflagen für die Baugenehmigung des Projekts.

9. 5. 2018: Die Antifluglärmgesellschaft (AFLG), die BI Liesing gegen Fluglärm und andere BIs rufen den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gegen die Genehmigung der 3 Piste an. Hauptkritikpunkte sind schwere Verfahrensmängel, fehlender Gesundheitsschutz, der auf einem fehlerhaften und veralteten Gutachten beruht, und die Klimaschädlichkeit der 3. Piste. Die Bürgerinitiative gegen Fluglärm Wien West bringen Revision beim Verfassungerichtshof ein, da sich im Rahmen des UVP-Verfahrens auch grundlegende Rechtsfragen stellen, z.B. ob in Anbetracht der begleitenden Propaganda und des scheinbar politisch motivierten Urteils überhaupt ein faires Verfahren gegeben sein kann.

28. 3. 2018: Das Bundesverwaltungsgericht genehmigt den Bau der 3. Piste, nachdem dessen vorheriges Erkenntnis (das die Flughafenerweiterung aufgrund von Klimawandel und Bodenversiegelung untersagt hatte) vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden war. Es erhebt Auflagen bzgl. Lärm und Emissionen, die jedoch im Vergleich zum avisierten Wachstum der Flüge ein Tropfen auf den heißen Stein sind und an Greenwashing grenzen. So wird der Ausbau daran gekoppelt, dass der Flughafen CO2-neutral wird, wobei damit die Emissionen von Flügen nicht einberechnet sind und problematische Offset-Gutschriften Verwendung finden. Siehe Presseaussendung und Aktion von “System Change!”.
16. 12. 2017: In ihrem Regierungsprogramm bekennt sich die schwarz-blaue Regierung zur Drehkreuzfunktion des Flughafens Wien-Schwechat und zur Errichtung der 3. Piste sowie zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Bundesländerflughäfen und zu deren Ausbau.
29. 6. 2017: Der Verfassungsgerichtshof hebt das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts von Februar als verfassungswidrig auf. Die Gründe sind schwer verständlich, so heißt es z.B., dass nicht alle durch die 3. Piste verursachten Flugemissionen einberechnet werden sollten sondern nur die, welche bei den Starts und Landungen verursacht werden. Siehe Presseaussendung von “System Change!”.
26. 6. 2017: Kundgebung gegen die geplante Verfassungsänderung, die Wachstum und Wettbewerb als Staatsziel verankern soll. Ziel dieser ist es, eventuell eine 3. Piste gerichtlich durchsetzen zu können und das Staatsziel des Klima- und Umweltschutzes zu verwässern. “System Change, not Climate Change!” ruft zum breiten Widerstand gegen diesen Vorstoß auf.27. 5. 2017 Aktionstag am Wiener Flughafen als Abschiedsfeier für die 3. Piste mit Raddemo, Kundgebung und langen „Roten Linien“ vor und im Flughafengebäude24. – 28. 5. 2017Zweites Klimacamp in Österreich organisiert von “System Change, not Climate Change!” in Enzersdorf an der Fischa (NÖ) mit Podiumsdiskussionen, Workshops, Aktionstraining, Musik, Kompostklos, Pflanzenkohle und geretteten Lebensmitteln, einem selbstgebauten Windrad und Flugzeugen über unseren Köpfen17. 5. 2017: Als Antwort auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Bau der 3. Piste und um derartige Urteile im Sinne des Klimaschutzes in Zukunft zu verhindern bringt die Regierung den Antrag ein das „Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung“ durch die StaatszieleWachstum, Beschäftigung und einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort“ zu ergänzen und dieses zum „Staatsziel-Gesetz“ umzubenennen. Dagegen wehren sich neben SCnCC und Attac (siehe hier die Petition gegen die Staatszieländerung) auch viele JuristInnen sowie die Grünen.

29.03.2017 Nationalrat beschließt Halbierung der Flugabgabe und subventioniert damit den Flugverkehr noch mehr als bisher.

23.03.2017 Einbringen einer außerordentlichen Revision durch Flughafen Wien und Land Niederösterreich (als 20%-Eigentümer der Flughafen Wien Aktiengesellschaft) gegen das Bauverbot am Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sowie einer Beschwerde amVerfassungsgerichtshof (VfGH)

02.02.2017 Erkenntnis im Beschwerdeverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit insgesamt 28 BeschwerdeführerInnen (Privatpersonen, Bürgerinitiativen sowie der Stadt Wien) gegen den Bescheid der UVP. Nach Einholung von sieben Sachverständigen-Gutachten und einer dreitägigen Verhandlung stellt das BVwG in einem historischen Klima-Urteil fest, dass der Bau der 3. Piste nicht genehmigungsfähig ist. Die Begründung ist der durch den Ausbau zu erwartende Anstieg von Treibhausgas-Emissionen bzw. die „national und international eingegangenen Verpflichtungen zur Reduktion“ dieser Emissionen sowie die „Erhaltung wertvollen Ackerlands für zukünftige Generationen zur Nahrungsmittelversorgung“. Daher müsse „das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens hinter das öffentliche Interesse am Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels und der Bodeninanspruchnahme zurücktreten“. Eine Revision durch den Flughafen Wien ist nicht möglich – nur eine außerordentliche Revision ist erlaubt.

07.10.2016 Internationale Zivilluftfahrt-Organisation der UNO (ICAO) beschließt völlig unzureichende Klimastrategie als Antwort der Luftfahrt auf den Klimawandel. Diese wird nun vom Flughafen zum Greenwashing verwendet.

01.10.2016 Aktionstag „Ausgeflogen!? Nein zum Flughafenausbau. Für eine zukunftsweisende Mobilität.“: Fahrraddemo und Kundgebung am Flughafen. Gleichzeitig gibt es weltweit Aktionen an Flughäfen, um gegen das Wachstum von Flugverkehr und das Greenwashing der ICAO zu protestieren.

29.9.-2.10.2016 Erstes Klimacamp in Österreich in Enzersdorf an der Fischa mit Workshops, Vorträgen, Musik und Aktionsplanung, organisiert von „System Change, not Climate Change!“

27.09.2016 Internationale Petition von 50 Organisationen an Transport- und UmweltministerInnen gegen den Ausbau des Flugverkehrs und Klima-Scheinlösungen, für die Einführung einer Kerosin-Steuer und die Förderung eines zukunftsweisenden Transportsystems.

10.07.2012 Positiver Bescheid durch die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in der ersten Instanz (niederösterreichische Landesregierung) ohne Berücksichtigung von Treibhausgasemissionen und mit Verfahrensmängeln. Letzten Endes genehmigte sich das Land Niederösterreich, das 20% der Anteile der Flughafen Wien AG besitzt, selbst das Projekt. Im Anschluss Einreichung von Beschwerden und Erstellen von Gutachten und Gegengutachten.

Juni 2016 Positionspapier von „System Change, not Climate Change!“ gegen den Ausbau des Wiener Flughafens, unterstützt von zahlreichen Organisationen.

2001-2005 Vom Flughafen initiiertes Mediationsverfahren, an dem 58 verfahrensbeteiligte Gruppierungen teilnahmen: 15 Anrainergemeinden, 6 Wiener Bezirke, das Land Wien und Niederösterreich, die Umweltanwaltschaften Wien und Niederösterreich, 13 BürgerInnenintitiativen, drei Siedlerverbänden, neun politischen Parteien (aus Wien und Niederösterreich), acht Kammern, Verbände und Interessensvertretungen, der Nationalpark Donauauen, Austrian Airlines, die Flughafen Wien AG und die Austro Control (Falk et al. 2006, S. 2). Einige BürgerInneninitiativen verließen das Verfahren unter Protest und sehen das Ergebnis als faulen Kompromiss, der auf die öffentliche Legitimation der 3. Piste hinauslief und die Aufmüpfigen per Vertrag zum Schweigen verpflichtete. Eine Diskussion auf Augenhöhe ist schwer zwischen Riesen und Zwergen.

1998 Masterplan für Flughafenausbau, der aufgrund des prognostizierten Wachstums des Flugaufkommens (EU-Erweiterung, zunehmende Bedeutung als Umsteigeflughafen) die Notwendigkeit einer dritten Flughafenpiste postuliert. Damit würde die Kapazität des Flughafens Wien die des Flughafens Frankfurt/Main, dem größten deutschen und dem viertgrößten europäischen Flughafen, überschreiten (Quelle, S. 126-133). Dem Argument der drohenden Kapazitätsengpässe wird jedoch in einer TU-Studie widersprochen. Eigentliche Ziele des Ausbaus sind die Etablierung des Flughafens Wien als Drehscheibe am europäischen Markt, als „Air Cargo“ Flughafen und die Steigerung von Transferflügen.

1993 Umweltverträglichkeitsprüfungen von Flughafenausbauten werden verpflichtend

1982-1995 Zunahme der Lärmbelastung: Erhöhung der durch Fluglärm beeinträchtigten WienerInnen von 4% (1982) auf 17%. Im öfter überflogenen 10. Wiener Bezirk ist ein Anstieg von 23% auf 40% Fluglärmbetroffene feststellbar. Die Verbesserungen der Triebwerke hinsichtlich der Lärmentwicklung und des Treibstoffverbrauchs wurden durch den rasanten Anstieg der Verkehrszahlen wieder aufgehoben (Lärmbericht Stadt Wien, zit. in Quelle, S. 126-133).

1960-1980 Rasantes Wachstum und erste Proteste: Verfünffachung der Zahl der PassagierInnen zwischen 1960 und 1973. 1972 wurde der Bau einer zweiten Piste bewilligt. Trotz zahlreicher Medienberichte, Demonstrationen und Diskussionen und 40.000 gesammelte Unterschriften gegen einen weiteren Ausbau wurde das Projekt 1977 verwirklicht. Gründung eines Nachbarschaftsbeirats mit VertreterInnen der Anrainergemeinden, der Umweltabteilung des Flughafens, Beginn der Flugspuraufzeichnung sowie die Einrichtung von Messstellen in Gemeinden (Quelle, S. 126-133).

1953 Gründung der Wiener Flughafenbetriebsgesellschaft

ab 1945 Flughafen im Besitz der alliierten Streitkräfte von Großbritannien und Frankreich bzw. eine Station der Royal Airforce

1938 Errichtung des Flughafens von der Deutschen Wehrmacht. Auf dem Luftwaffenstützpunkt produzierten Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene Flugzeuge.

System Change, not Climate Change!