Foto: Greenpeace – Mitja Kobal

Mit dem Ende der Lobau-Autobahn wurde auf Ebene des Bundes auch das Ende der fossilen, großen Autobahn-Projekte beschlossen. Wien muss jetzt nachziehen! Die Hauptstadt, die sich bereits heute durch ein gutes Öffi-Netz im Stadtkern auszeichnet, muss auch in Zukunft auf klimafreundliche und umweltfreundliche Mobilität setzen, um den Kampf gegen die Klimakrise fortzuführen und zu einer echten Klimamusterstadt zu werden.

Deshalb fordern Greenpeace, Fridays for Future Wien und System Change not Climate Change:

Endgültige Absage der Stadtstraße

Die Stadtstraße hat mit dem Ende der Lobau-Autobahn endgültig jegliche Legitimation verloren, ihr Bau würde Hektar an wertvollem Boden für immer versiegeln, die Treibhausgase in die Höhe schnellen lassen und nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer zusätzlichen gesundheitlichen Belastung der Anrainer:innen führen. Der Bau bedeutet jahrelange Lärm- und Bauverkehrsbelastung für die angrenzenden Gebiete, riesige Baustellen und langfristig mehr Verkehr und zusätzliche Staus. Das entlastet die Anrainer:innen nicht. Auch eine Lkw-Lawine für den Norden Wiens gilt es nun mit einem klaren Nein zur Stadtstraße abzuwenden. Statt dem Bau einer Schwerverkehrs-Stadtstraße muss sich Wien endlich zum massiven Ausbau des Bahngütertransports bekennen. Eine massive Senkung der Verkehrsemissionen steht in Konflikt mit dem Bau einer weiteren, 4-spurigen Straße – die noch dazu ohne die Lobau-Autobahn im Nichts endet. Bürgermeister Ludwig muss jetzt rationale Entscheidungen treffen und das Projekt Stadtstraße endlich begraben.

Keine rechtlichen Schritte zum Aus der Lobau-Autobahn

Bürgermeister Ludwig hat angekündigt rechtliche Schritte gegen  das Aus der Lobau-Autobahn zu prüfen. Dabei ist mit der Evaluierung durch das Klimaministerium klar: Große Autobahn-Infrastrukturprojekte sind unvereinbar mit den Klimazielen und beschleunigen den eskalierenden Bodenverbrauch in Österreich noch weiter. Statt Zeit mit der Prüfung rechtlicher Schritte gegen eine wissenschaftlich fundierte und politisch längst überfällige Entscheidung im Sinne des Klimaschutzes zu vergeuden, muss die Stadt Wien die Absage von Autobahn und Tunnel anerkennen und ihren Fokus auf die Erreichung ihrer angekündigten Klimaneutralität 2040 legen.

Sofortiger Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmitteln und Radwege in der Donaustadt

Die Bezirke über der Donau wachsen massiv und brauchen eine bessere, gesunde und klimafreundliche Verkehrsinfrastruktur. Die U2 Verlängerung kann erst der Beginn gewesen sein. Zwei U-Bahn- und zwei Straßenbahnlinien reichen im größten Wiener Gemeindebezirk schlichtweg nicht.

Es braucht ein dichtes Straßenbahnnetz, ergänzt durch leistungsfähige (Express-)Buslinien und Schnellbahn-Verbindungen mit kurzen Intervallen. Leistungsstarke Expressbuslinien können sehr schnell errichtet werden. Sie würden leistungsstarke und effiziente Querverbindungen in den Flächenbezirken ermöglichen. Neue Buslinien sind innerhalb eines Jahres umsetzbar und liefern eine erhebliche Verbesserung der Anbindung an U-Bahn und Straßenbahn. Besonders groß ist der Bedarf an schienengebundenen Verkehrsmitteln über die Stadtgrenze hinaus, um den Pendler:innen im Wiener Umland umweltfreundliche Mobilität zu ermöglichen. Hier muss vor allem der S-Bahn-Ring um Wien endlich zweigleisig ausgebaut werden. Zudem bieten etwa der viergleisige Ausbau der Ostbahnbrücke, die Verlängerung der zu elektrifizierenden und zweigleisig zu führenden S80 bis nach Marchegg, sowie Verlängerungen der S8, der S10 und der S11 attraktive Optionen.

Eine kleinräumige und angemessen bepreiste Parkraumbewirtschaftung ist ebenfalls längst überfällig. Auch Radwege und Radschnellwege müssen realisiert werden. Diese ermöglichen es, sicher innerhalb der Donaustadt von A nach B zu kommen sowie rasch und sicher ins Stadtzentrum zu gelangen. Grundsätzlich muss die Stadt Wien hier gemeinsam mit Verkehrsexpert:innen schleunigst ein modernes und leistungsstarkes Konzept für den Ausbau der Öffis im Norden Wiens vorlegen und umsetzen.

Grüne Oasen statt Asphalt-Wüsten

Die Stadt Wien muss dafür nicht nur die klimafreundlichen Verkehrsmittel stärken, sondern auch endlich Anreize für den Autoverkehr senken. Dazu gehört eine wirksame Parkraumbewirtschaftung in ganz Wien, die dafür sorgt, dass Verkehrsmittel abseits vom Auto attraktiver werden. Diese muss kleinräumiger ausfallen als das für 2022 geplante Konzept, das in den Flächenbezirken zu verstärktem Binnenverkehr führen wird. Die dadurch freiwerdenden Parkplätze an der Oberfläche sollten zu hochwertigen Grün- und Aufenthaltsflächen für Bewohner:innen aller Generationen umgewidmet werden.

Die Anzahl der PKW pro Kopf sinkt in Wien seit Jahren. Trotzdem kommen auf 100 Autos im Frühverkehr immer noch nur 110 Personen – praktisch jede:r fährt alleine mit dem Auto in die Arbeit. Sitzen mehr Menschen in einem Auto, verringert sich das Verkehrsaufkommen rasant. Verpflichtende Besetzungen von mindestens 2 Personen im Auto im Rush-Hour Verkehr sind ein starkes Lenkungsmittel. Das zeigen auch Beispiele in Jakarta (1) und Kalifornien (2). Zusätzlich braucht es einen Ausbau der Fußgänger- und Begegnungszonen sowie Konzepte, wie Durchzugsverkehr durch eigentlich “verkehrsberuhigte” Straßen verhindert werden kann (zum Beispiel durch sogenannte Superblocks).

Einen konkreten Maßnahmenplan zur Erreichung der Klimaneutralität 2040

Seit 1990 sind die klimaschädlichen Emissionen im Verkehrsbereich der Stadt Wien um rund 33 % gestiegen, die bisher gesetzten Verkehrsmaßnahmen im Bereich klima- und umweltfreundliche Mobilität waren also klar nicht ausreichend, um eine Trendwende einzuleiten. Wenn die Stadt Wien die Klimaneutralität 2040 ernst nimmt, muss sie endlich auch konkrete Maßnahmen auf den Tisch legen, wie sie das Verkehrssystem in den nächsten Jahren transformieren kann und Berechnungen liefern, wie viel neue und umfassende Verkehrsmaßnahmen an Treibhausgas-Emissionen einsparen. Die Stadt Wien muss nun tatsächlich das umsetzen, wozu sie sich mit dem Regierungsprogramm zur Klimamusterstadt bekannt hat: Die Anzahl der Pendler:innen bis 2030 zu halbieren und die CO2-Emissionen aus dem Verkehr um 50% zu senken.

Fußnoten:
(1) Guiliano et al. (1990): Impact of high occupancy vehicle lanes on carpooling behavior
(2) Rema et al. (2017): Citywide effects of high-occupancy vehicle restrictions: Evidence from “three-in-one” in Jakarta

 

Fünf Forderungen der Klimabewegung an Bürgermeister Michael Ludwig
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System Change, not Climate Change!