Von 23. bis 30. Mai 2021 fand das 6. Klimacamp bei bzw. in Wien statt. Während am Donaukanal beim KlimaPROTESTcamp Menschen durchgehend für Klimagerechtigkeit campten und protestierten (Eröffnungsrede), fanden an den unterschiedlichen Orten in Wien zahlreiche Workshops und Summer Schools in Präsenz statt. Passend zur COVID-19-Pandemie waren manche Programmpunkte auch online. Doch eigentlich war alles anders geplant: Das Klimacamp hätte am Zukunftshof stattfinden sollen, aber die Polizei hat zum ersten Mal das Klimacamp nicht als politische Versammlung anerkannt! Wie es damit weitergeht und welche (rechtlichen) Schritte wir setzen werden, schildern wir später.

Aufgrund dieser Entscheidung der Polizei mussten wir in kürzester Zeit umplanen. Das machte die Vorbereitung zwar aufwendiger, aber das Klimacamp konnte dennoch über die Bühne gehen. Eine überforderte Homepage, mehrere negative COVID-19-Tests, überfüllte Öklofässer, viel leckeres Essen, Konzerte im Sonnenuntergang, zahlreiche Campplena und eine erfolgreiche Aktion erzählen von einem gelungenen Klimacamp 2021.

Trotz der COVID-19-Pandemie haben wir auch heuer versucht, die vier Säulen Alternativen leben, Vernetzung, direkte Aktion und Bildung in unserer Arbeit und am Camp umzusetzen. Ob zu weiblicher Wut, zur Tierbefreiung, zur Just Transition in der Flugzeugindustrie, zu achtsamen Aktivismus oder zur Schenkökonomie: das Workshopprogramm war so vielfältig, wie eh und je. Neben den Workshops, die zwischen eineinhalb und drei Stunden dauerten, wurden von unterschiedlichen Referent*innen mehrere Summer Schools abgehalten. Die Summer Schools boten die Möglichkeit, sich mit einer fixen Gruppe über mehrere Halbtage hinweg mit einem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Von Aktionsklettern über Anti-Rassismus und Filmen als politische Arbeit bis hin zu tiergerechter Hühnerhaltung deckten die Summer Schools ebenso zahlreiche Themen ab und waren somit auch Teil der Säule Bildung. Die Teilnehmer*innen der Summer Schools präsentieren zum Abschluss des Camps die Erfahrungen, die sie über die Woche gesammelt hatten. Ein erstes Video dazu ist hier.

Obwohl die COVID-19-Pandemie größere Menschenansammlungen erschwerte, war die Säule Vernetzung auch Teil des Klimacamps 2021. So diskutierten bei The Role of Degrowth for Enviornmental Actors in Vienna: A Panel Discussion in der Kunsttankstelle Ottakring mehrere Akteur*innen (Extinction Rebellion, Fridays for Future, KlimAttac, System Change not Climate Change! und das Klimavolksbegehren) über die Notwendigkeit von Degrowth und den Umgang mit ökonomischen Zwängen in der eigenen politischen Arbeit. In der Summer School How anti-racist is your environmental awareness practice? organisierten die Referent*innen Online-Austauschräume mit Aktivist*innen, die in Namibia, Deutschland, Chile oder Mexico politische Kämpfe führen. Währenddessen kamen auch am KlimaPROTESTcamp mehrere Kämpfe zusammen. Die Sezonieri-Kampagne machte am Camp auf die Rechte von Erntehelfer_innen in Österreich aufmerksam und die kolumbianische Diaspora in Österreich klärte über die gewalttätige Repression des neoliberalen Regimes unter Iván Duque auf.

Zugleich bot das KlimaPROTESTcamp Raum, um Alternativen auszuprobieren und auszuleben. Während Robin Foods aus weggeworfenem Essen köstliche Gerichte zauberte und beim Kochen von zahlreichen helfenden Händen unterstützt wurde, konnten nebenan bei Murat Menschen ihre Fahrräder reparieren. Das KlimaPROTESTcamp am Donaukanal war zugleich auch das bisher öffentlich am zugänglichsten Klimacamp in und bei Wien. Damit gingen auch alltägliche Konflikte einher, die das Care- und Awarenessteam bearbeitete und damit zeigte, dass Konflikte auch ohne staatliche Gewalt gelöst werden können.

Kein Klimacamp ohne direkte Aktion! Am 28.05. setzte System Change, not Climate Change! im Rahmen des Klimacamps eine Aktion zivilen Ungehorsams um. Die Aktivist*innen machten mit Bannern und einer Blockade auf die geplante Lobauautobahn und die dazugehörigen Zubringerstraßen aufmerksam. Sie forderten ein Ende dieser fossilen Projekte mitten in der Klimakrise. Denn der Verkehr bleibt in Österreich der Klimakiller No.1. Eine klimagerechte Mobilitätswende ist in Österreich dringend notwendig!
Während die Aktivist*innen von System Change die Aspernbrücke blockierten und den Donaukanal in eine symbolische Autobahn verwandelten, zog eine Demonstration mit Fridays for Future, Extinction Rebellion, Platz für Wien, Lobau bleibt!, Hirschstetten-retten u.v.m. quer durch die Wiener Innenstadt. Die Demonstration machte bei jenen fossilen Akteuren (Stadt Wien, SP Wien, Industriellenvereinigung, ASFINAG, etc.) Halt, die am Bau der Lobauautobahn beteiligt sind oder daraus Profit schlagen wollen. Die Aktion und die Demonstration gegen die Lobauautobahn sind nur wenige von vielen, die noch kommen werden. Denn:
Lobau bleibt! Lobau bleibt! Lobau, Lobau, Lobau; bleibt, bleibt, bleibt!

Das Klimacamp 2021 ist somit vorbei, doch seine Arbeit geht weiter. Denn eigentlich hätte das Klimacamp ja am wunderschönen Zukunftshof in Rothneusiedl stattfinden sollen. Das Klimacamp-Team hatte bereits mit dem Aufbau und den Vorbereitungen begonnen. Doch zum ersten Mal in der Geschichte des Klimacamps erkannte die Landespolizeidirektion Wien das Klimacamp nicht als politische Versammlung an! Es lässt sich den politischen Charakter des Camps nicht absprechen und legen daher Beschwerde gegen den Bescheid der LPD Wien ein! Damit Campen als Protestform erhalten bleibt, damit Klimagerechtigkeit in Österreich (endlich) als politisches Anliegen verstanden wird, damit ein Präzedenzfall geschaffen werden kann, damit 2022 das nächste Klimacamp über die Bühne gehen kann!

Für die Beschwerde braucht das Klimacamp-Team juristische Unterstützung und somit auch Geld. Daher ersuchen wir über Spenden an:
Kontowortlaut: Verein zur Unterstützung der Bewegung für ein Gutes Leben für Alle
IBAN: AT20 3412 9881 0021 6671
BIC: RZOOAT2L129
Bank: Raiffeisen Gunskirchen
Referenz: Protestcamp

Du willst das nächste Klimacamp bei Wien mitorganisieren? Dann schreib doch eine E-Mail an mitmachen@klimacamp.at.

Rückblick aufs Klimacamp 2021
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System Change, not Climate Change!