Presseaussendung am 23.3.2017:

3. Piste: UVP-Entscheidung muss trotz Flughafen-Kampagne bestehen bleiben!

  • Protestaktion von „System Change, not Climate Change!“ und BürgerInnen bestärkt öffentliches Interesse am Klimaschutz

  • Kampagne von Flughafen, Wirtschaftsvertretungen und Teilen der Politik transportiert Falschinformationen und bedient kurzsichtige Partikularinteressen

  • Zivilgesellschaft wird keine Verschlechterung von Umweltrecht und Klimaschutz akzeptieren

Wien, 23. 3. 2017 – Die heute eingebrachte außerordentliche Revision und Beschwerde des Flughafens Wien gegen den Bescheid zur 3. Piste stößt bei der österreichischen Klimabewegung „System Change, not Climate Change!“ (SCnCC) auf entschiedene Ablehnung. Der Ausbau des Flughafens wäre das emissionsintensivste Projekt des Landes und ist mit den Klimaschutz-Zielen von Österreich unvereinbar. Der Ausbau des Flughafens hätte laut Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) eine Zunahme der Gesamtemissionen von Österreich um rund 2 % zu Folge. Dennoch laufen weite Teile von Wirtschaftsvertretung und Politik gegen das Urteil Sturm. „Besonders besorgniserregend sind Aussagen wie von Innenminister Wolfgang Sobotka, wonach solche Entscheidungen zugunsten des Klimaschutzes in Zukunft nicht mehr möglich sein sollen. Das öffentliche Interesse am Schutz vor den Folgen des Klimawandels muss jedoch ernst genommen und weiterhin höher gewertet werden als kurzsichtige Profitinteressen“, so Manuel Grebenjak von SCnCC.

Klimafreundliche Alternativen fördern

„Klimaschutz und die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen müssen die Basis von politischen und rechtlichen Entscheidungen bilden. Die Wirtschaft muss darin eingebettet werden – nicht umgekehrt“, so Magdalena Heuwieser von SCnCC. „Österreichs Wirtschaft hängt nicht an einem fossilen Großprojekt wie dem Flughafenausbau. Auch bei den versprochenen Arbeitsplätzen und der angeblichen Notwendigkeit einer dritten Piste übertreiben der Flughafen und dessen Unterstützer maßlos.“ So gab es laut Statistik Austria im Jahr 2008 rund 266.206 Flugbewegungen in Wien-Schwechat, 2015 waren es nur 226.811. Eine dritte Piste ist daher nicht notwendig. Insbesondere, wenn endlich Maßnahmen ergriffen würden, um die Kurzstreckenflüge, die in Schwechat laut VCÖ etwa 90 % aller Flüge ausmachen, auf die Schiene zu verlagern [1].

Dazu müssten endlich die Privilegien der Luftfahrt abgeschafft werden: Kerosin ist im Gegensatz zu Benzin oder Diesel von einer Steuer befreit, auf internationale Flüge fällt keine Mehrwertsteuer an und der Flughafen ist grundsteuerbefreit. Laut WIFO machen in Österreich pro Jahr die Steuervorteile für den Flugverkehr über 500 Mio. Euro aus [2]. Mit der Halbierung der Flugabgabe hat die Bundesregierung zuletzt ein vollkommen falsches Zeichen gesetzt.

Es ist Zeit, umzudenken. Studien beweisen, dass die Folgen einer unkontrollierbaren Klimakrise den Nutzen kurzsichtiger Wachstumsaussichten bei weitem übersteigen [3]. Die Belastungsgrenzen dürfen nicht fahrlässig überschritten werden. „Wer jedoch jetzt in emissionsintensive Infrastrukturprojekte wie eine 3. Piste investiert, gießt klimaschädliche Mobilität in Beton. Stattdessen muss die Politik ihre Verantwortung wahrnehmen und in Bereichen wie erneuerbare Energieerzeugung und Bahnverkehr investieren. Dort sind Arbeitsplätze auf lange Sicht gesichert“, so Magdalena Heuwieser.

Flugverkehr ist enorm klimaschädlich

Den irreführenden Argumenten des Flughafens tritt SCnCC entschieden entgegen. Immer wieder tauchen auch in den Medien Behauptungen auf, die suggerieren, die 3. Piste führe nicht zu einem Anstieg der Treibhausgase oder der Flughafen verringere seine Emissionen auf ausreichende Art selbstständig, z. B. durch Solarzellen auf Betriebsgebäuden. Mehrere Gutachten haben das Gegenteil bewiesen, auf die sich das BVwG-Erkenntnis zurecht beruft. Die durch eine weitere Startbahn ermöglichten und prognostizierten Flüge würden mindestens zu einer Verdoppelung der Flughafenemissionen führen.

Für jede emittierte Tonne CO2 verschwinden rund drei Quadratmeter arktisches Sommereis, hat 2016 eine im Journal „Science“ veröffentlichte Studie herausgefunden [4]. Fliegt eine Person von Wien nach Las Palmas (Kanarische Inseln) und zurück, hat das die Konsequenz von viereinhalb Quadratmetern weniger Arktiseis, was einen Anstieg des Meeresspiegels nach sich zieht [5]. Eine Verringerung des Flugverkehrs ist daher unabdingbar. Hierbei ist es höchst problematisch, auf das kürzlich verabschiedete Klimaabkommen der Luftfahrt zu verweisen, wie es der Flughafen zu tun pflegt, um zu behaupten, das Problem werde auf internationaler Ebene gelöst und es brauche keine lokalen Taten. Denn das Abkommen zielt nicht auf eine Verringerung des Wachstums der Luftfahrt, sondern ermöglicht der Flugindustrie, sich durch Geldzahlungen von der Emissionsreduzierung freizukaufen [6]. „Klimaschädliche Transportformen müssen so schnell wie möglich eingeschränkt werden. Darum dürfen nun keine Milliarden für etwas in den Sand gesetzt werden, was keine Zukunft hat“, so Magdalena Heuwieser.

Internationaler Zuspruch für 3.-Piste-Stopp

WissenschaftlerInnen, UmweltjuristInnen und internationale Organisationen wie Greenpeace bezeichnen die Begründung der Entscheidung als zukunftsweisend und stichhaltig [7]. Österreich ist dabei, als Vorreiter in die Geschichte des Klimaschutzes einzugehen und sollte dies als Chance begreifen. Dennoch ist das 3.-Piste-Erkenntnis kein internationaler Einzelfall. Derzeit mehren sich sogenannte Klimaklagen, z. B. in den USA, Südafrika, den Niederlanden und der Schweiz [8]. „Dies ist nicht überraschend, wenn gleichzeitig im Pariser Klimaabkommen und in europäischen und österreichischen Klimaschutz-Plänen eine drastische Emissionsreduktion versprochen wird, in der Realität jedoch eine Politik des ‚Weiter wie bisher’ gefahren wird. Dass rechtliche Verbindlichkeit von Klimazielen auch eingeklagt werden kann, sollte nicht überraschen und ist dringend notwendig“, so Manuel Grebenjak.

„Wir stehen für das öffentliche Interesse am Klimaschutz – Stopp dritte Piste“ lautet daher die Botschaft der AktivistInnen von „System Change, not Climate Change!“. Sie kündigen in den nächsten Monaten weitere Proteste gegen den Flughafenausbau und das Wachstum des Flugverkehrs an.


Rückfragehinweis:

Manuel Grebenjak  | presse@systemchange-not-climatechange.at | +43 699 17238755 |

Magdalena Heuwieser | magdalena.heuwieser@ftwatch.at | +43 650 3773102 |

Fotos von der Aktion am 23.3. vor der Pressekonferenz des Flughafens befinden sich hier: https://www.flickr.com/photos/systemchange_not_climatechange/sets/72157678406429643/with/32789260783/

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Fußnoten:

[1] https://www.vcoe.at/news/details/klima-und-energie-potenziale-im-verkehr
[2] http://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=58641&mime_type=application/pdf
[3] http://coin.ccca.at/node/70
[4] Science 354/ 6313, 747-750 – siehe auch http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-so-lassen-flugreisen-die-arktis-schmelzen-a-1119451.html
[5] https://www.atmosfair.de/de
[6] https://systemchange-not-climatechange.at/nachhaltiges-fliegen/
[7] http://www.ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteSekundaermenue/Presse_von_CCCA/ccca_ksr.pdf
[8] Siehe oben und https://www.theguardian.com/environment/2017/mar/08/how-climate-change-battles-are-increasingly-being-fought-and-won-in-court; https://insideclimatenews.org/news/14022017/climate-change-vienna-airport-paris-climate-agreement-james-hansen?utm_source=twitter&utm_medium=social

Presseaktion: 3. Piste UVP-Entscheidung muss trotz Flughafen-Kampagne bestehen bleiben
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