Wien, 9. Jänner 2023 – Bei einer Solidaritätskundgebung mehrerer Klimagruppen vor der deutschen Botschaft kam es heute Vormittag zu einem gefährlichen Angriff: Eine Person attackierte die friedlichen Demonstrierenden und überschüttete diese mit einer ätzenden Flüssigkeit aus einer Bleichmittel-Flasche. Eine Person erlitt Verletzungen an der Hand und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Die anwesende Polizei schritt erst ein, nachdem sie von anderen Protestierenden dazu angehalten wurde. Vertreter:innen der Klimabewegung fordern ein Ende der Gewalt gegen Klimaaktivist:innen und fordern Politiker:innen dazu auf, diese nicht weiter zu kriminalisieren, wie dies aktuell u. a. von der niederösterreichischen Landeshauptfrau Mikl-Leitner getan wird.
“Die Gewalt und Hetze gegen Klimaaktivist:innen muss sofort aufhören! Politiker:innen wie Johanna Mikl-Leitner machen sich mitschuldig daran, wenn sie Menschen als gefährlich darstellen, die einfach nur für unser aller Lebensgrundlagen und Zukunft kämpfen. Die wahre Gefahr sind all jene Politiker:innen, die noch immer nichts gegen die Klimakrise tun”, so Lena Schilling, Sprecherin von LobauBleibt und Jugendrat.
Hintergrund: Aktivist:innen von LobauBleibt haben heute Vormittag im Rahmen einer Solidaritätskundgebung vor der Deutschen Botschaft in Wien Symbole des Widerstandes gegen den Braunkohletagebau in Lützerath aufgebaut – ein großes gelbes X und ein dreibeiniges Klettergerüst. Sie zeigten großformatige Bilder der Zerstörung durch Braunkohletagbau von Ökosystemen und Ortschaften in Nordrhein-Westfalen. In einem offenen Brief fordern sie von den deutschen Verantwortlichen einen sofortigen Kohleaustieg und echten Klimaschutz.
Der kleine deutschen Ort Lützerath ist für den Abbau von Braunkohle akut von Räumung bedroht. LobauBleibt solidarisiert sich mit den Klimaktivist:innen, die in Lützerath der Räumung entgegentreten. Bei einer polizeilich angemeldeten Kundgebung vor der Deutschen Botschaft übergeben sie einen offenen Brief (untenstehend im Wortlaut) an die Verantwortlichen der Deutschen Bundesregierung und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.
“Der Kampf für Klimagerechtigkeit ist ein globaler. Wir sind solidarisch mit den Aktivist:innen in Lützerath. Die Räumung in Lützerath muss gestoppt werden. Die Kohle unter Lützerath muss im Boden bleiben.” so Lena Schilling von LobauBleibt.
Lützerath ist ein Weiler der Stadt Erkelenz in Nordrhein-Westfalen/Deutschland. Der Energieversorgungskonzern RWE plant, Lützerath vollständig abzureißen, um den Tagebau Garzweiler auszudehnen. Um das zu verhindern haben zahlreiche Klimaaktivist:innen den Ort besetzt.
LobauBleibt ist eine Bewegung aus NGOs, BürgerInneninitiativen, Aktionsgruppen und Aktivist:innen, die sich in Österreich gegen eine Lobau-Autobahn und für Klimaschutz und -gerechtigkeit einsetzt.
Solidaritätskundgebung vor der Deutschen Botschaft, Schillerplatz 1010 Wien, 9.1.2023 10:00-13:00 Uhr
Rückfragehinweis
Lucia Steinwender (System Change not Climate Change)
+436602924800
presse@systemchange-not-climatechange.at
Lena Schilling
+436605848884
Der Offene Brief im Wortlaut
An:
Seine Exzellenz Herrn Michael Klor-Berchtold
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland,
Gauermanngasse 2-4, 1010 Wien
Österreich
Wien, 9.1.2023
Betreff: Protestnote gegen eine Räumung von Lützerath und für sofortigen Kohleaustieg und Klimaschutz!
Sehr geehrter Herr Botschafter,
LobauBleibt ist eine Bewegung aus NGOs, Bürger:inneninitiativen, Aktionsgruppen und Aktivist:innen, die in Österreich für Klimaschutz und -gerechtigkeit kämpfen. Aufgrund der drohenden Räumung von Lützerath fordern wir Sie auf, untenstehenden offenen Brief – der zeitgleich als Presseaussendung an zahlreiche Medien in Österreich geht – so schnell wie möglich an die Verantwortlichen in der Deutschen Bundesregierung und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen weiterzuleiten:
Lützerath: Gegen die Räumung! Für Kohleaustieg & Klimagerechtigkeit!
Im Januar will der Energiekonzern RWE Lützerath zerstören, um die Kohle darunter zu verfeuern. Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger und das rheinische Braunkohlerevier die größte CO2-Quelle Europas. Allein im Tagebau Garzweiler plant RWE noch weitere 280 Millionen Tonnen des Klimakillers Braunkohle zu fördern: Damit rückt die Einhaltung des 1,5 Grad-Limits aus dem Pariser Klimaabkommen in weite Ferne.
Bereits jetzt spüren wir die Folgen der Erderhitzung immer stärker: Extreme Hitzewellen und Fluten wie im Ahrtal oder erst kürzlich in Nigeria werden immer häufiger und fordern viele Todesopfer. Weltweit verlieren Millionen Menschen schon heute durch die Klimakrise ihre Lebensgrundlagen – im vergangenen Jahrzehnt mussten jährlich mehr als 20 Millionen Menschen ihr Zuhause verlassen. Dennoch steigen die globalen Emissionen immer weiter. Deutschland muss, als eines der Länder mit der historisch größten Klimaschuld, den Kohleabbau so schnell wie möglich stoppen. Denn jede weitere Tonne Kohle, die im Rheinland abbaggert wird, verursacht weltweit und vor allem in Ländern des Globalen Südens noch mehr Leid und Krise.
Seit über zwei Jahren leisten Menschen in Lützerath Widerstand gegen die fossile Zerstörung – wie damals im Hambacher Wald. Sie haben Baumhäuser, Hütten und Solaranlagen errichtet, den Ort wiederbelebt und zeigen uns allen, dass eine solidarische Gesellschaft möglich ist. Doch die Deutsche Landesregierung hat gemeinsam mit der Deutschen Bundesregierung und RWE entschieden, das Dorf noch diesen Winter für die Kohle abzureißen. Die Räumung steht unmittelbar bevor.
Mit der heutigen Kundgebung, am 9.1.2023, vor der Deutschen Botschaft in Wien erklären wir uns als LobauBleibt solidarisch mit dem friedlichen Protest der Klimaaktivist:innen in Lützerath. Gemeinsam mit dem deutschlandweiten Bündnis „Alle Dörfer Bleiben“, das zur Großdemo am 14.1. nach Lützerath aufruft, sowie mit tausenden Menschen und in Solidarität mit der globalen Bewegung für Klimagerechtigkeit von den Verantwortlichen:
- Die Räumung von Lützerath stoppen.
- Die Kohle unter Lützerath muss im Boden bleiben!
- Einen bundesweiten Kohleausstieg, der kompatibel ist mit der 1,5°-Grenze – sowohl im Rheinland als auch in Ostdeutschland.
Wir hoffen auf ein Einlenken der Verantwortlichen in Deutschland im Sinne der Klimagerechtigkeit.
Hochachtungsvoll,
Jutta Matysek, Lena Schilling und Lucia Steinwender
für LobauBleibt